Dieser Artikel enthält auch Cat Content. Versprochen. Aber erstmal wie die Geschichte begann…

Warum ich zuhause bleibe & du das auch tun solltest.

 

Das Coronavirus COVID-19 verbreitet sich weltweit und das rasend schnell. Das ist nicht Panikmache, sondern Fakt. Die Anzahl der Infizierten steigt exponentiell. Das ist für uns Menschen nur schwer vorstellbar. Zum Glück gibt es inzwischen sehr gute Visualisierungen, die zeigen, was das bedeutet. Ich greife hier zwei heraus, die mir selbst dabei geholfen haben, die Dimensionen des Ausbruchs und meine eigenen Handlungsmöglichkeiten zu verstehen:

In seinem Artikel „Coronavirus: Warum du jetzt handeln musst.“ analysiert Thomas Pueyo die belegten Zahlen aus China, Südkorea und Italien und vergleicht sie mit den Entwicklungen in USA, Deutschland und anderen Ländern. Die Diagramme zeigen eindrucksvoll: die offiziellen Zahlen hinken den Zahlen der tatsächlich Infizierten deutlich hinterher. Denn zwischen Erkenntnis, Test und Ergebnis vergeht Zeit. Der Artikel nutzt das, was wir über die bereits existierenden Fälle wissen, um eine realistische Prognose zur Sterblichkeitsrate zu machen. Er erklärt auch eingängig, warum zu viele Infektionen in zu kurzer Zeit das Gesundheitssystem lahmlegen werden – mit wortwörtlich fatalen Folgen.

Sein Fazit: „Länder, die vorbereitet sind, werden eine Sterblichkeitsrate zwischen ca. 0,5% (Südkorea) und 0,9% (China außerhalb der Region Hubei) aufweisen.“ Überforderte Länder dagegen „werden eine Sterblichkeitsrate zwischen ca. 3% und 5% haben.“ In Deutschland hieße das: schnell handeln kann die Anzahl wahrscheinlicher Todesfälle von über einer Million auf unter 50.000 begrenzen. (Der Link oben geht zur deutschen Übersetzung des Artikels. Hier geht’s zum englischen Original auf medium.com.)

Wir können mithelfen

Das ist ernüchternd, ja auch beängstigend. Aber es macht auch Hoffnung. Wie das? Ganz einfach: wir müssen nicht komplett hilflos zusehen. Wir können mithelfen. Können Menschenleben retten, indem wir physische Kontakte so gut wie möglich vermeiden. Denn die Auswertungen der bisherigen Verläufe in China, Südkorea und Italien zeigen: wenn wir es schaffen, die physischen Kontakte zwischen einander auf das absolute Minimum zu reduzieren, dann flacht die Kurve ab. Es gibt also immer noch Neuinfektionen, aber nicht annähernd so viele in kurzer Zeit. Das entlastet unser Gesundheitssystem: wer krank wird, unsere Omas, Opas, Freund*innen mit schwachem Herz oder Immunschwäche, können dann so schnell und gut behandelt werden, wie wir das gewohnt sind von unserem Gesundheitssystem.

„Wir müssen nicht komplett hilflos zusehen. Wir können mithelfen. Können Menschenleben retten, indem wir physische Kontakte so gut wie möglich vermeiden.“

Die Maßnahmen, die jetzt von Bund, Ländern und Kommunen in Deutschland und anderen Ländern ergriffen werden, sind darauf zugeschnitten, genau das zu erreichen. Die Schließung von Schulen und anderen Einrichtungen, die Einschränkungen des Reiseverkehrs. All das soll dazu beitragen, physische Kontakte zu minimieren, um die Ansteckungsrate zu senken. Damit weniger Menschen gleichzeitig krank werden. Um das Gesundheitssystem zu entlasten. Damit Erkrankte schnell und bestmöglich versorgt werden können. Deine Oma. Dein Opa. Deine Mama. Dein Papa. Deine Freunde, Freundinnen, Geschwister.

Doch noch sind viele Restaurants, Bars, Cafés, Clubs und Läden geöffnet. Noch treffen sich viele vor Ort zum Essen, Trinken, Tanzen oder Feiern. Sie denken: „Ist doch nicht so schlimm“ oder „Ich habe ja keine Symptome“ oder „Ich bin jung, mir macht der Virus eh nix aus.“ Irgendwie verständlich. Bevor ich mich richtig informiert hatte, war ich auch unterwegs. Bin nach Berlin gereist, habe mich mit Leuten zum Quatschen getroffen. Klar: Vorsichtsmaßnahmen wie Hände regelmäßig und richtig waschen, die richtige Hust- und Nieshygiene (in die Ellbeuge!).

Aber ich habe Hände geschüttelt, umarmt. Das ist so tief verankert in meinen Gewohnheiten, in meiner Höflichkeits-DNA, da habe ich manchmal erst nach dem Handshake realisiert, dass ich mir doch vorgenommen hatte, etwas mehr Abstand zu halten. Was ich mit meinem Verhalten gemacht habe, ist Menschen zu gefährden. Nicht mich. Ich bin gesund und jung. Wahrscheinlich habe ich Corona und merke es nicht mal. Aber ich habe potenziell andere angesteckt. Die wiederum andere anstecken. Und so weiter.

Übertreibung? Leider nein!

Ach, Panikmache und Übertreibung wird sich manch einer und eine jetzt denken. Darauf antworte ich: schaut euch nochmal die Zahlen an. Hört auf die Epidemolog*innen und Virolog*innen. Und hört auf diejenigen, die ähnlich dachten und handelten wie ihr und wie ich bis Mitte letzter Woche auch, Betroffene der Länder, in denen die Virusverbreitung genao so begann wie bei uns. In einem offenen Brief an die wissenschaftliche Community fordern zahlreiche Wissenschaftler*innen, Journalist*innen, Geschäftsleute und andere Bürger*innen aus Italien & darüberhinaus: „Jede Minute ist immens wichtig, denn sie bedeutet Leben retten. Verschwendet sie nicht! […] Hätte Italien vor nur 10 Tagen stark reagiert, und genau da seid ihr jetzt, hätte es viel weniger Tote und wirtschaftliches Straucheln gegeben.“

Wem das alles zu heftig und zu zahlenlastig ist, kann sich dank der Kreativität von Twitter auch mit Katzenvisualisierungen vor Augen führen, warum es wichtig ist, das Virus zu verlangsamen durch physische Distanzierung, manchmal auch „soziale Distanzierung“ genannt. Unter dem Hashtag #catteningthecurve cat content mit echter Aussagekraft:

Eine kreative Visualisierung Flache-Kurve Prinzips von Mike Beckers (@mimimbe) auf Twitter. Auch Danielle M. Bates nutzt auf Twitter Witz & Katzen, um das Prinzip der flachen Kurve zu erläutern:

 

Der „Corona-Simulator“ von Harry Stevens in der Washington Post zeigt, warum Ausbrüche wie die Corona-Pandemie exponentiell passieren und warum physische Distanzierung hilft, den Ausbruch zu verlangsamen. Seine Visualisierungen sind animiert und verlaufen nach dem Zufallsprinzip. Jedes Mal, wenn ihr den Artikel neu ladet, beginnt die Ansteckung woanders, nimmt andere Wege.

Screenshot des Artikels von Harry Stevens, The Washington Post
Screenshot des Washington Post Artikels von Harry Stevens, 14.3.2020, The Washington Post. https://www.washingtonpost.com/graphics/2020/world/corona-simulator/

Das Ergebnis ist aber immer vergleichbar und nur abhängig vom Umgang mit dem Ausbruch: von nichts unternehmen („Free for all“, man könnte es nach aktuellem Stand auch die britische oder schwedische Herangehensweise nennen) über versuchter Quarantäne („attempted quarantine“) zu moderater physischer Distanzierung („Moderate distancing“) zu extensiver physischer Distanzierung („Extensive distancing“). Ockerbraun symbolisiert die Infizierten, rosa die ehemals Infizierten, die jetzt immun sind. Klar erkennbar ist: Quarantänemaßnahmen und physische Distanzierung helfen. Sie halten die Kurve flach.

Nachdem ich diese und mehr Artikel zum Thema, zahlreiche Statements von Epidemolog*innen, Virolog*innen und Betroffenen in Italien gelesen und gesehen hatte, war für mich klar: ich muss mich physisch distanzieren so gut ich kann. Alles, was nicht unbedingt sein muss, verschiebe ich in den digitalen Raum oder verschiebe es zeitlich nach hinten. Je konsequenter ich das mache, desto besser.

Warum ich quarantain gestartet habe

 

OK, Entschluss gefasst. Ich bleibe freiwillig zuhause! Doch ich bin auch in einer Luxussituation. In meinem Job kann ich sehr gut remote arbeiten. Für Eltern, Selbständige und Künstler*innen vor allem im Event/ Livebereich und Kurzarbeiter*innen gilt das nicht. Viele sind wesentlich schlimmer als ich vom Virusausbruch betroffen. Sind zuhause, weil sie keine Arbeit haben oder sich um ihre Kinder kümmern müssen.

Doch was mir auffiel, als ich am Wochenende durch die Twittersphäre surfte: da bietet eine Frau an, auf die Kinder von medizinischem Personal aufzupassen, weil sie jetzt Zeit hat. Ein Pianist gibt täglich Hauskonzerte. Eine berühmte Comicdrehbuchautorin eröffnet eine Twitter-Comicschule. Wissenschaftlerinnen geben Talks und Frage-Antwort-Sessions online. Eltern teilen Tipps & Tricks, wie man die Kinder beschäftigen kann. Pädagog*innen stecken digital die Köpfe zusammen, um Lehr- und Lernmaterialien digital zugänglich zu machen. Eine Nachbarschaftsplattform entwirft Vorlagen mit Hilfsangeboten. Die kann man älteren oder schwächeren Menschen in den Postkasten werfen. Unternehmen bieten Teile ihrer Services kostenlos an. Und und und.

Ein multimedialer Chor von Solidarität, Kreativität, sozialem Instinkt erklingt im digitalen Raum. Ich kam gar nicht hinterher mit dem Liken und Retweeten. Ich erzählte und teilte in meinem Freundes- und Bekanntenkreis. Meist waren die Reaktionen dankbar: „wie cool“ „boah, das kopier ich“ oder „genial, das wusste ich noch gar nicht!“. Da wurde mir klar: wenn man nicht aktiv ist online, speziell in den sozialen Medien, bekommt man sehr, sehr viele Angebote gar nicht mit. Ich habe nach einem Ort gesucht, wo ich diese Angebote, Beispiele, Ressourcen finden kann. Es gab ihn noch nicht. Und was es noch nicht gibt, sollte man selbst erschaffen: die Geburtsstunde von quarantain!

Von der Inspiration zur Umsetzung

Mit einem WordPress-Template ist so eine Seite schnell gestartet. Mir ist aber durchaus bewusst, dass die Seite noch ein work in progress ist. Sicher noch ein paar Rechtschreibfehler hier und da. Unvollständige Beschreibungen. Und erst eine Handvoll Verlinkungen. Es geht mir darum, möglichst schnell zumindest einem Bruchteil der inspirierenden und hilfreichen Angebote, die so viele Menschen online machen, mehr Bekanntheit zu verschaffen. Das soll es für uns alle ein bisschen leichter machen, zuhause zu bleiben. Physische Distanzierung, soziale Nähe: let me quarantain you!

Nebenbei hilft quarantain hoffentlich auch ein paar von den Leuten, die wegen Corona jetzt erstmal in den Seilen hängen. Die aber nicht aufgeben sondern ihre Kunst und ihr Können mit uns allen teilen. Denn ihr werdet auf sie aufmerksam und habt vielleicht ein paar Kröten über, um sie mit Spenden und Onlinekäufen zu unterstützen. Deswegen verlinken wir in den Angeboten, die wir sammeln, nach Möglichkeit auch Patreon-Accounts oder Paypal-Links der jeweiligen Contentmacher*innen.

quarantain steckt noch in den Kinderschuhen. Zusammen mit ein paar Freundinnen und Unterstützung von meinem genialen grasshopper kreativ Team werkle ich weiter an der Seite, freue mich aber sehr, wenn ihr uns euer Feedback und Ideen schickt. Auch Gastautor*innen sind willkommen. Und natürlich: schickt uns alles, was euch vor die Nase läuft an Onlineangeboten, damit wir sie hier einstellen können! Ihr erreicht uns am besten via Email unter hello[at]quarantain.de. Wir schauen uns alle Einreichungen an so schnell wir können.*

Danke, dass ihr mithelft, das Virus auszubremsen und digitale Community zu leben – im besten Sinne!

Eure Anna

*Bitte nehmt’s nicht krumm, wenn es etwas dauert. Wir müssen nebenher noch Brötchen verdienen… .

Quelle für Bild mit Espressotasse & Laptop: Allie Smith via Unsplash.